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Kyusho in Shotokan
Ein Widerspruch in sich, da sich das Shotokan Karate ganz dem Sport und non contakt verschrieben hat, schliesst das eine das andere aus. In einer Kampfsportart, die den Regeln nach ohne Kontakt kämpft, ist es nicht nötig, sich dieses Wissen anzueignen. Eigentlich auch nicht sinnvoll, da für das Kyusho spezielle Handpositionen verwendet werden und die Ziele nicht in den vordefinierten Kampfregeln berücksichtigt werden. Jedes Wettkampfsystem, das gewisse Regeln benötigt, um eine faire Kampfbewertung zu garantieren, verändert auch das Training und die Auffassung, wie gewisse Techniken ausgeführt werden müssen. Das heutige Shotokan Karate ist ganz auf dieses System eingestellt und das Training ist so aufgebaut, das der Kampfsportler systematisch auf den Wettkampf vorbereitet wird. Durch die verschiedenen Kihon-übungen werden die grundlegenden Techniken geübt und im Muskelgedächtnis gespeichert. Mit verschiedenen Kumite-arten, angefangen mit Gohon-Kumite über das Sanbon-Kumite und die diversen Zwischenstufen bis zum Kihon-Ippon-Kumite und Jiyu-Ippon-Kumite wird der Wettkämpfer auf das Turnier hin geführt. Die Kataübungen spielen für den Kampf eine eher untergeordnete Rolle und werden nur für das Kata Turnier trainiert und auch da mit dem Ziel sich den Regeln zu unterwerfen um ein möglichst gutes Resultat zu erreichen.
Das ist die Situation, die die alten Meister voraussahen und immer wieder betont haben, dass das Karate durch den Sport verwässert wird. In meinen Augen ist es nicht sinnvoll den Sport zu verdammen oder darüber zu diskutieren, da der Sport die Grundlage der weltweiten Verbreitung des Karate ist und immer noch die wichtigste Triebfeder für die Weiterverbreitung. Es ist nicht bestritten, dass das Shotokan Karate und insbesondere die JKA Gruppierung in dieser Richtung eine Vorreiter Rolle gespielt hat.
Man kann heute sagen, dass das Shotokan Karate sich am weitesten von den Ursprüngen des Karate entfernt hat und vor allem für ältere Karate-ka, die ihre Wettkampfzeit überschritten haben, das Gefühl hinterlassen, das da noch etwas fehlt. Das ist vielleicht auch einer der Gründe, warum heute Krav Maga und Mixed Martial Arts in der Popularität steigen. Wenn man in der Geschichte etwas zurückblickt, gab es drei wesentliche Umwälzungen. Die erste begann mit Meister Anko Itosu, der das Karate dahingehend veränderte, dass es in den Schulen, als körperliche Ertüchtigung geübt werden konnte.
Das war das Karate, das Meister Funakoshi hauptsächlich an Universitäten in Japan gelehrt hat. Es ist sicher nicht von der Hand zu weisen, das er das Karate verändert hat, um nicht in Konkurrenz mit dem Judo oder grossen Jiu Jitsu Schulen zu treten, die ihn ja auch gefördert haben. Die zweite grosse Veränderung fand während der Militarisierung und des Krieges statt. An diesem Prozess war wahrscheinlich grössten Teils der Sohn des Meisters mit einigen Meisterschülern beteiligt. Unter dem Einfluss des Militärs und des Umstandes, das die meisten Schüler in den Krieg eingezogen wurden, konzentrierte man sich auf wenige Techniken, die die Schüler dann auch mit Härte und Ausdauer geübt haben. Techniken die zu viel Aufwand und schwieriger zu üben waren wurden vernachlässigt. Was von diesen jungen Meister an der ominösen Nakanoschule unterrichtetenwurde, bleibt wohl immer im Dunkel der Geschichte verborgen. Belegt ist nur, dass alle hervorragenden Kampfkünstler der damaligen Zeit mit dieser Schule verknüpft waren.
Die dritte grosse Veränderung und für die Kampfkunst wahrscheinlich die schlimmste war die Versportlichung. Um das Verbot der Budodisziplinen durch die Amerikaner zu umgehen, wurde das Karate als Sport wie das Boxen dargestellt und tatsächlich war Karate eine der ersten Kampfkünste, die in der Nachkriegszeit wieder erlaubt wurden. Aber um welchen Preis?
In seinem Buch Karate Do Kyohan von 1935 widmet Gichin Funakoshi ein ganzes Kapitel mit 15 Seiten den vitalen Punkten. In der Einleitung schreibt er, jeder Student des Karate muss die vitalen Punkte kennen. „the point where the impact of attacking is comparatively effective.“
In der Ausgaben von 1956 sind es nur mehr 2 Seiten ohne Erklärung und nur mit Diagram. Ob dieses Wissen tatsächlich verloren wurde, ist nicht klar, da einigen Meister an Lehrgängen immer wieder Techniken gezeigt, aber nicht erklärt haben. Es ist auch erwiesen das einige JKA Instruktoren dieses Gebiet erforscht haben.
Die Kernfragen aber bleibt, was bringt einem normalen Karateka dieses Wissen?
Wie oben schon erwähnt, war es für Meister Funakoshi selbstverständlich, das sich ein ernsthafter Karateka mit Kyusho befassen sollte. Ebenso hat er stets die Auffassung vertreten, dass die Katas die Grundlage des Systems bilden und nicht verändert weitergegeben werden sollten. Nun, in den Kata werden viele Techniken und Bewegungen ausgeführt, die man im heutigen Wettkampf nicht verwendet. Das hat auch bei vielen Karate-ka zur Auffassung geführt, das die Kata nur aus nostalgischen Gründen und für die Prüfungen geübt werden. Auch in den Kata-Wettkämpfen sieht man immer mehr die Tendenz, weg von der Effektivität hin zur Show.
Funakoshi hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das Üben von Kata, ohne das Wissen und die Vorstellungskraft des Übenden, nichts weiter ist als Gymnastik. Es liegt also an uns, herauszufinden was es in den Katas so Wichtiges zu entdecken gibt. Ein weiter Hinweis gibt der Meister mit dem Spruch: wer das Neue verstehen will, muss nach dem Alten forschen. Leider ist vieles, was das Karate angeht in den Wirren des 2. Weltkrieges verloren gegangen. Zum Glück gab es ein paar Karate Meister, die uns einen Blick zurück in die Vergangenheit gewährten. Zum Beispiel, Hohan Sokon, in direkter Linie bis zu Matsumura, der in den 60er Jahren, amerikanische Schüler akzeptierte und unterrichtete. Auch Taika Oyata, der als erster in Amerika Kyusho unterrichtete und damit das Interesse auf diesen Aspekt des Karate lenkte. Es gab sicher auch Linien über das Tai Chi und andere interne chinesische Kampfkünste, darüber habe ich aber leider keine Kenntnis. Vermutlich kam über diese Linie auch das ganze Gedankengebäude der chinesischen Medizin in das moderne Kyusho. Texte von Hohan Sokon, Gichin Funakoshi und anderen Karatemeister erwähnen diese Verbindung nicht und beziehen sich mehr auf die westliche Medizin.
Kyusho-International mit Evan Pantazi findet sich eher in der Tradition der alten Karatemeister, da sie durch medizinische Studien, Praxis am Partner und die weltweiten Erfahrungen, herausgefunden haben, das das chinesische Modell in vielen Fällen nicht stimmt und meist zurechtgebogen werden muss. Mich hat dieses realistischere Modell von Anfang an beeindruckt. Meine ersten Erfahrungen mit dem Kyusho machte ich 2006, nach über 25 Jahren Praxis im Shotokan Karate, an der Internationalen Kyusho Convetion in Thonon, Frankreich. An diesem Anlass habe ich das erste Mal wirklich realitätsbezogene Sachen gesehen, die in sich schlüssig waren und in einer Selbstverteidigungssituation wahrscheinlich auch erfolgreicher, als meine bisherige Dojo- und Wettkampferfahrung. Für mich begann damals eine sehr interessante Reise, die die Sicht auf mein Karate verändert hat. Kata ist der Schlüssel zum System und das Kyusho hat mir geholfen, viele Sachen besser zu verstehen. Durch das Curriculum von Kyusho-International wurde ich plötzlich mit Themen konfrontiert, über die ich mir im Dojo nie Gedanken gemacht habe. Haben wir im Shotokan auch Würfe, Teakdowns, Tuite oder gar Bodenkampf? Natürlich waren diese Dinge früher mal da, da es ja eine echte Kampfkunst war und sich die alten Meister sicher auch Gedanken gemacht haben, wie sie aus einer Situation, die einen Fall verursacht hat, wieder herauskommen. Wer in dieser Beziehung skeptisch ist, sollte sich mal einen Mixed Martial Art Kampf ansehen und sich ernsthaft fragen, ob er das mit seinen Wettkampferfahrungen überstehen würde. Im Jahr 2011 hat uns Evan Pantazi an einem Lehrgang in der Schweiz aufgezeigt, wie eine Analyse der Kata Tekki Shodan aus der Sicht von Kyusho aussehen könnte. Alle Techniken wurden jeweils mit vitalen Punkten am Arm, am Kopf, Körper oder Bein geübt. Auch mit Teakdowns, Tuite oder wie man die Bewegungen auch im Bodenkampf verwenden kann. Bei den über hundert möglichen Szenarien, hatte ich nie das Gefühl, dass das Szenario auf die Technik aufzugeschnitten war. Nein, alles war in sich schlüssig und realitätsbezogen. Dieses Seminar war wirklich ein Augenöffner, da auch noch die Hinweise auf Ironshirt, Chi Gong und Bodymechanik nicht fehlten. Das alles mit nur einer Kata, mit der ich bis zu meinen Studien im Kyusho, eigentlich nicht viel anfangen konnte. Nun verstehe ich auch die Aussage von Meister Funakoshi, dass er diese Kata 10 Jahre lang studiert hat.
In meinen Augen hat einem Karateka das Kyusho, in vielerlei Hinsicht, viel zu bieten. Man sollte aber nicht in die Falle tappen und versuchen das Kyusho in das Karate zu integrieren. Wir sollten das Karate in das Kyusho bringen und als weiterführende Studie betreiben. Würde man das Kyusho in das Karate integrieren, würden sich die Techniken verändern und auch die Katas. Studiert man eine Kata für sich intensiv, wird sie sich je nach Vorstellungskraft und Übungsschwerpunkt verändern, da jeder vitale Punkt einen andern Winkel und eventuell eine andere Handposition benötigt. Das sollte aber nicht dazu führen, dass die Katas verändert weitergegeben werden. Wir sollten unseren Schülern die Möglichkeit geben, eigene Studien am Original zu betreiben. Das Kyusho kann auch nur begrentzt theoretisch gelernt werden und muss am Partner geübt und auch selber erfahren werden. Da nicht jeder den gleichen Trainingsschwerpunkt hat, würde das auch unweigerlich zum Verlust von Schülern führen, die das Karate gerade deswegen betreiben, weil kein körperlicher Kontakt in Form von Schlägen stattfindet. Wie wir aus der Vielfalt der Splittergruppen innerhalb des Shotokan sehen, gibt es unzählige verschiedene Übungsschwerpunkte. Kyusho könnte einer davon sein und Kyusho-International bietet mit seinem Curriculum ein Übungssystem, mit dem man ohne weiteres trainieren kann.
Tuite in Shotokan
Tuite ist nichts weiter als Gelenkmanipulation hauptsächlich Handgelenk und Ellbogen. Also eher Wissen um die Körpermechanik als Technik. Aber was hat das mit Shotokan zu tun, tönt ja eher nach Ju Jutsu als Karate. Wenn man Karate aber als Kampfkunst versteht und weniger als Sport, macht das durchaus Sinn. Die alten Meister haben sich genau überlegt, welche Situationen in einer Konfrontation auftreten könnten.
Die alten Kampfkünste lehrten wie man überlebt. Sie trainierten jedes mögliche Szenario und bereiteten auch auf den Tod vor, wenn unumgänglich. In den alten Zeiten trainierten die Meister die ganze Zeit, auch während des normalen Alltags. Das Ziel war nicht zu verlieren, ohne Rücksicht, auch unter Verwendung schmutziger Tricks. Miamoto Musashi ist ein sehr gutes Beispiel für diese Einstellung.
Aber zurück zu den Gelenkmanipulationen. Sind diese im modernen Shotokan noch vorhanden? Man sollte sich nicht dem Irrglauben hingeben, nur weil wir das nicht mehr trainieren. In den Katas gibt es sehr viele Bewegungen, die sich mit dem normalen Kihon und Kumitetraining nicht erklären lassen. Ein fortgeschrittener Karateka sollte sich durchaus mit diesen Möglichkeiten befassen. Im Goju-ryu werden Tuite Techniken in den Kata Anwendungen noch trainiert und die Meister des Shorin-ryu aus Okinawa zeigen immer häufiger wieder solche Techniken. Meister Nakayama hat in seinen Selbstverteidigungsbücher viele Hebel-Techniken gezeigt. Auch in den Demonstrationen von JKA-Instruktoren greifen diese gerne auf solche Hebeltechniken zurück.
Wenn man sich damit beschäftigt, wie Karate ursprünglich ausgesehen hat, kommt man um die Gruppe von Shigeru Nakamura nicht herum. Auch Hohan Sokon als direkter Nachfahre von Matsumura und einem seiner talentiertesten Schüler Kise Fusei, der als Experte in Sachen Tuite gilt, vermittelt den Eindruck, dass Tuite im Karate eine Selbstverständlichkeit war. Was hat das aber mit der heutigen Zeit zu tun? Mann kann sie im Wettkampf ja nicht einsetzen, da sie den Regeln widersprechen. Nun man kann ja aber auch nicht bei jedem kleinen Gerangel, dem anderen die Zähne ausschlagen, da sind solche Techniken in der Selbstverteidigung schon nützlich.
Da diese Techniken nicht zum Curriculum des Shotokan zählen, gilt es die Grundlagen in den Katas zu finden. Kata gilt auch heute noch als eine Säule des Karate, wobei die Gewichtung eher an Bedeutung verliert. Meiner Meinung nach vermitteln die Katas weniger Techniken als Konzepte. Die Katas geben nur die Möglichkeit, die Bewegungsabläufe zu automatisieren und im Muskelgedächtnis zu speichern. Kata sind eher Nachschlagewerke für unbegrenzte Möglichkeiten. Es gilt herauszufinden, warum gewisse Bewegungen und Drehungen genau so gemacht werden, wie in der Kata definiert. Und warum gerade diese Technik auf die andere folgt. Nimmt man zum Beispiel die Sequenz aus der Heian Godan mit dem Doppelblock, kann man diese Bewegung durchaus in eine fortlaufende Hebelkette interpretieren. Die Hebelkette muss nicht unbedingt in einer Selbstverteidigungssituation funktionieren. Das würde ja voraussetzt, dass die Situation sich genauso abspielt und das ist in einer Selbstverteidigungssituation eher nicht der Fall. Die Hebelkette vermittelt aber ein gutes Verständnis der Körpermechanik und der zu Grunde ligenden Konzepte.
Also gilt diese Prinzipien zu finden und dann in allen erdenklichen Situationen zu üben. Wohl gemerkt, nicht die Techniken, sondern die Prinzipien. Für ein Erlernen der Techniken ist am Anfang ein Greifen sicher eine gute Option. Hat man das Prinzip aber einmal begriffen, gilt es dynamisch zu üben. Wenn man das Prinzip einmal verinnerlicht hat, kann man mit Kyusho die ganze Sache noch effektiver machen, in dem man mit den Nervenmanipulationen die Technik einfacher ausführen kann und nicht nur mit roher Gewalt. Oder eben in dem man mit den Nervenmanipulationen die normalen Schutzfunkionen des Körpers umgeht und die Techniken mit fataler Wirkung beendet, was früher mal wohl beabsichtigt war. Hat man sich mal in die Materie der schnell zuckenden Muskelfasern, Reflexe, goli Tendon und Körperelektronik eingearbeitet und die Theorie über Sound einigermassen begriffen, wird es richtig interessant. Kyusho-International bietet mit seinem Curriculum eine perfekte Ergänzung zum konventionellen Karate-Training und bringt so das Karate wieder zu einer Gesamtheit als Kampfkunst das es einmal war. Tuite ist da ebenso ein Bestandteil wie Würfe und Bodenkampf.
Die Fotosequenzen in diesem Artikel befassen sich mit den Hebeltechniken der Kata Heian Godan und zeigen Bewegungsabläufe die zu den Bewegungen passen. Die Herausforderung besteht nun die Prinzipien zu erarbeiten und in so vielen Szenarien wie möglich zu üben. Aber nur das allein würde ein Seminar füllen. Die Bewegungsabläufe wurden anlässlich des Instruktoren-Kurses von Kyusho-International in Weimar BRD erarbeitet. Dirk-Uwe Damm, KI Ceryfing Instructor und 5. Dan Shotokan hat massgeblich an den Sequenzen mitgearbeitet und als Fotopartner mitgewirkt. Ein Dank geht auch an die KI Instruktoren aus anderen Stilen, die uns mit Rat und Tat unterstützt haben. Mein spezieller Dank gilt Evan Pantazi für die Vermittlung des Wissens um die Vitalenpunkte und Körperfunktionen.
Es gilt für diejenigen Karatekas, die nicht unbedingt Wettkämpfe bestreiten wollen oder ihre Wettkampf Karriere hinter sich haben, die Kampfkunst so umfassend wie möglich zu unterrichten. Vor allen die Kataübungen gewinnen so wieder mehr an Wert und Funktion. Wir sollten aber auf keinen Fall das Karate zu einem Jujutsu umgestalten. Tuite im Karate hat nur die Funktion den Gegner aus dem Konzept oder Gleichgewicht zu bringen um dann zu Schlagen oder zu Treten. Im Karate geht es prinzipiell nicht um das Hebeln, des Hebelns willen, sondern es ist nur eine positive Erweiterung des Grundkonzeptes.
Kihon Ippon Kumite
Kumite ist eine der drei Säulen im Curriculum des Shotokan Karate wobei der Karateka langsam und systematisch auf den Wettkampf vorbereitet wird. Es werden verschiedene Formen, je nach Grad und Fähigkeit des Trainierenden geübt.
Das Curriculum oder auch die Lehrmethode stellen das eigentliche Gerüst eines Stiles dar. Stehen sich zwei Kontrahenten gegenüber, spielen Stil und Lehrmethode keine Rolle mehr. Was zählt, ist die Auseinandersetzung der jeweiligen Kontrahenten. Das Ziel ist je nach Situation anders. Im Wettkampf gelten Regeln, die eingehalten werden müssen, aber auch für den Sieg ausgenützt werden können. Die Situation ist kontrolliert.
In einer Selbstverteidigungssituation gelten keine Regeln und das Ziel ist, so unbeschadet wie möglich zu überleben.
Schon diese Ausgangslage macht es sehr schwierig, zielorientiert zu üben. Der Karateka muss sich im Klaren sein, wo sein Schwerpunkt liegt. Zur Auswahl stehen viele Möglichkeiten: Selbstverteidigung, Wettkampf, Selbstkontrolle, Fitness etc.
Historisches:
Karate im ursprünglichen Sinn hatte keine Stilrichtungen. Diese Tendenz begann mit dem Export des Karate von Okinawa nach Japan und der Anpassung an deren Budokultur, wobei eigentlich trotzdem alle Begründer der verschiedenen Stilrichtungen darauf hinwiesen, das es nur ein Karate gibt.
Im Shotokan begann die systematische Ausbildung mit Kihon und Kata und wurde dann um gewisse Kumiteformen weiter entwickelt. Mit der Te no Kata omote gab es erstmals im Shotokan eine Übungsform für Partnertraining. Mit der Gründung der JKA durch Nakayama Sensei wurde diese Entwicklung fortgeführt und um diverse Kumiteformen erweitert. Kanazawa Sensei brachte diese Formen in eine klare Struktur.
Übungsformen
- Gohon Kumite (Fünfschritt-Partnerübung in Grundstellung)
- Sanbon Kumite (Dreischritt-Partnerübung in Grundstellung)
- Kihon Ippon Kumite (Einschrittschritt-Partnerübung in Grundstellung)
- Jiyu Ippon Kumite (Einschritt-Partnerübung in Kampfstellung)
- Okuri Ippon Kumite, Kaeshi Ippon Kumite, Jiyu Kumite (Freikampf)
- und etliche Zwischenformen
Ziele dieser Übungen sind:
- Praktische Technikumsetzung
- Gefühl für Distanz
- Timing
- Koordination
- Bewegung im Raum
- Taktikstudium
- Selbstkontrolle
- Innere Ruhe
- Gefühl für Angriffsziel ( Kyusho )
Vom Standpunkt der Selbstverteidigung, in Einbezug von Kyusho ist als Trainingsgrundlage Kihon Ippon Kumite sehr gut geeignet. Der Verteidiger steht in natürlicher Position und der Angreifer hat einen gewissen Abstand und sagt die Technik an. Geht man von den Standardübungen aus, die bei Kyuprüfungen verlangt werden, kann man diese je nach Fähigkeit der Trainierende aufbauen. Man sollte jede Übung unter dem Aspekt der Ziele: Arm, Kopf, Körper, Bein, Takedown, Grappling, Tuite und Waffen analysieren und mit den entsprechenden vitalen Stellen trainieren. Schnell wird man feststellen, dass mit der vorgegebenen Technik nicht alle Ziel erreichbar sind und die Technik je nach Zielregion und Absicht angepasst werden muss. Das Szenario kann mit dem Fortschritt der Übenden immer mehr an eine realistische Situation herangeführt werden.
Da Kyusho allmählich von Karatekas akzeptiert wird, ist es umso wichtiger, keine unnötigen Lehrkonzepte, wie die traditionelle chinesisch Medizin oder andere esoterische Lehrmeinungen in das Standardtraining zu übernehmen. Auch die alten Meister waren da eher pragmatisch und nutzten in ihren Veröffentlichungen medizinisches Wissen.
Durch ausgezeichnete, didaktisch sehr gut geschulte Lehrer, mit hervorragendem Wissen von Kyusho-International wurde mein Verständnis des Karate grundlegend verändert